Karl Ulrich Voss, Burscheid: meine Leserbriefe im Jahre 1999

 

26.11.1999
DIE ZEIT; abgedruckt ZEIT Nr. 51 v. 16.12.1999
zu Mannesmann und Holzmann (ZEIT Nr. 48 v. 25.11.1999, S. 1, "Geschäft isst Geschäft" v. Andreas Molitor)

Die aktuellen Meldungen fordern einen Vergleich heraus: Aus der Treuhand wäre Holzmann als Kleinholz herausgekommen: beste Grabbelware für die Wühltische der Einheit. Auch Mannesmann wäre - wohl zum Okkasionspreis - über den Tisch nach Westen gegangen, ohne Rücksicht auf etwaige ost-nationale Attitüden.

Um das fast zufällige Bild zu komplettieren: Am Gespann Kiep und Kohl hätte man trefflich Gier und Demokratie-Ferne des gesamten Systems demonstriert.

 

21.10.1999
Kölner Stadt-Anzeiger; abgedruckt 29.10.1999
Waffenlieferung an die Türkei - Entscheidung des Bundessicherheitsrates v. 20.10.1999 über die Test-Stellung eines Leopard-Kampfpanzers (KStA v. 20. u. 21.10.1999)

Viele spielen in Vorfreude auf das opulente Waffengeschäft schon mal flugs die Arbeitsplatz-Karte, ohne allerdings die wirtschaftlichen Strukturen näher zu erläutern.
Bei genauerem Hinsehen zeigt sich - und das hat sich in der Vergangenheit schon mehrfach realisiert: Rüstungsexporte dieses Kalibers können zivile Arbeitsplätze kosten. Ist das paradox? Keineswegs. Die Türkei hat die geschätzten 31 Milliarden natürlich nicht auf der hohen Kante. Entsprechend völlig gängiger Praxis wird sie ein großes Segment im eigenen Land in Lizenz fertigen. Und von dem Rest wird sie einen wiederum maximierten Anteil durch sogenannte offset agreements mit gegenläufigen Material- und Warenströmen "finanzieren" und kräftig aus der Türkei nach Deutschland liefern.
So frisst der Rüstungsarbeitsmarkt einen Teil des zivilen Bereichs. Wegen der höheren Wertschöpfung der Rüstungssparte kann der Austausch auch einen deutlichen Netto-Verlust von Arbeitsplätzen auslösen. Diese Form der Spezialisierung ist nicht wünschenswert, oder?

 

04.10.1999
Kölner Stadt-Anzeiger
Rückblick in der Wochenendausgabe zur V 2 - Entwicklung (zu "Sternenträume" von Lutz-P. Eisenhut, KStA v. 2./3.10.1999, Moderne Zeiten S. 6)

Die Geschichte der A 4 sollte mit ein paar Internet-Informationen etwas ernüchternd vervollständigt werden:

Die V 2 war eine gegen Menschen gerichtete Großwaffe, die nicht nur Sternenträume, sondern überwiegend Alpträume, Tod und Zerstörung gebracht hat. Sie war auf eine "Nutzlast" von nahezu einer Tonne hochbrisanten Sprengstoffs konstruiert und konnte damit große Gebäude in Schutt und Asche legen. Es gab keinerlei Abwehr- oder Schutzmöglichkeit: der Überschallknall deckte sich mit dem Einschlag selbst. Bis Kriegsende wurden etwa 10.000 V 2 gebaut, davon wurden ab September 1944 ca. 1.000 Raketen auf London, Norwich und Ipswich, ca. 2.000 Geschosse auf kontinentale Ziele abgefeuert, konzentriert auf Antwerpen. Fast nebenbei: bei Produktionsvorbereitung und Produktion herrschten unmenschliche Arbeitsbedingungen und mehr als 10.000 Zwangsarbeiter kamen ums Leben.
Die Funktion der A 4 / V 2 war den Entwicklern völlig bewusst. Bereits im November 1932 hatte Wernher von Braun einen Vertrag mit der Reichswehr zur Entwicklung von Raketenwaffen unterzeichnet. Die V 2 ist die Vorstufe aller modernen Raketen geworden, der zivilen und militärischen Träger, wobei die letzteren nach wie vor die Entwicklung prägen. Ich denke es ist wichtig sich zu vergegenwärtigen, dass aggressive und destruktive Interessen diese Technologie vorantreiben und dass das Wissensdurstige, Träumerische bestenfalls für Aushängeschilder und Überschriften taugt.

 

22.09.1999
Kölner Stadt-Anzeiger
Technologieentwicklung bei Automobilen; IAA (zu KStA v. 18./19.9.1999, S. 3)

Zwei Anmerkungen zu dem erfreulich nachdenklichen IAA-Kommentar aus der Wochenendausgabe:
Zum einen zur verfügbaren Technik: Mein Auto braucht ca. 4,3 l Diesel; dabei ist es mit 50 PS bei 720 kg Gewicht sehr munter motorisiert (alte Käfer-Fahrer wissen die Relation zu schätzen). Auto und Motor sind 7 Jahre und 210.000 km alt und rosten und rappeln um's Verplatzen nicht. Der Untersatz heißt AX und der Name des Herstellers erinnert - ganz zu Unrecht - an eine Zitrone. Nur: der Wagen wird schon lange nicht mehr gebaut.
Und zur Technologieentwicklung: Gehöre ich zu den glücklichsten Fahrern zwischen hier und Schottland? Nicht so ganz. Mein Diesel rußt. Wie jeder Diesel und schon von seinen ersten steuerfreien Tagen an. Und die aufopfernden und sicherlich unermüdlichen Anstrengungen der Industrie haben zwar vielen netten und energiefressenden Serien-Schnickschnack zur Welt gebracht - aber bis heute kein menschen-freundliches Rückhaltesystem für Dieselruß. Warum nicht?

 

30.07.1999
Kölner Stadt-Anzeiger; abgedruckt 17.8.1999
Demokratie; Diäten (zu KStA v. 29.7.1999, S. 6)

Sie berichteten, daß der Unternehmensberater Roland Berger meint: "Kein Volk der Welt kann es sich leisten, nicht von den Besten im Lande regiert zu werden - und die müssen angemessen verdienen."
Ich dachte bis heute, daß wir unsere Herrschaft wählen. Und da erscheint mir eine Herrschaft der Gewöhnlichen doch deutlich sicherer als eine Herrschaft der Exquisiten, sonst auch schon mal als Aristokratie bezeichnet. Abgesehen davon, daß wer am meisten bekommt, nicht notwendig das meiste verdient. Aber ich gebe zu: der shareholder-value-Gedanke kann bei der Bilanzsumme der Deutschland-AG einen headhunter wie Roland Berger durchaus schwindelig machen.

 

12.05.1999
Frankfurter Allgemeine und Kölner Stadt-Anzeiger; abgedruckt jeweils 18.5.1999
Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad (FAZ/KStA v. 10./11.5.1999)

Ich hatte zunächst angenommen, die militärische Komponente der Luftschläge gegen Jugoslawien sei mit einer gewissen Bandbreite professionell – es hapere nur an einer naiven westlichen Politik, die die Handlungsoptionen des Gegners völlig falsch eingeschätzt hatte und darum das Gegenteil der eigenen Ziele verursacht hat.
Nach dem "Fehlschuß" auf die chinesische Botschaft allerdings deutet alles darauf, daß auch die militärische Umsetzung extrem abenteuerlich und riskant ist. Das Katastrophale der Entwicklung ist nicht etwa, daß China nun der Verhandlungslösung für das Kosovo einen deutlichen Stempel aufdrücken wird: hier kann sogar gehofft werden, daß China der von der NATO düpierten UNO zu ihrem Recht verhilft.
Das wirkliche Katastrophale ist: der Westen kann vor Milliarden Menschen als blindwütiger, unglaubwürdiger Aggressor dargestellt werden und Menschen- und Bürgerrechte sind auf lange Zeit von der Tagesordnung abgesetzt. Völlig abgesehen von einer plötzlich veränderten geopolitischen Konstellation, in der Rußland und China ein gemeinsames Gegengewicht gegen den militärisch ambitionierten Westen formieren. Der Rüstungswettlauf hat wieder Konjunktur.

 

19.04.1999
STERN; abgedruckt Nr. 18/1999
Kosovo-Einsatz (STERN Nr. 16 v. 15.4.1999, "... und morgen in das Kosovo")

Ein rationaler Verhandlungsansatz liegt auf der Hand, der gleichzeitig Vertrauen und Legitimität schafft: 1.) eine sofortige internationale Schutzmacht für das Kosovo unter Einbeziehung bisher nicht involvierter NATO-Staaten wie Norwegen, 2.) maßgebliche Mitwirkung Rußlands, 3.) Hoheit der UNO, die der voraussichtlich langwährenden Operation auch nicht nur einen Tarnanzug verleiht, sondern die selbst planerische und kontrollierende Verantwortung trägt und Weltöffentlichkeit schafft.
Solange die NATO ultimativ die Kapitulation eines dämonisierten Belgrads fordert, verkündet sie als primäres Kriegsziel an jugoslawische Ohren: die NATO will sich als von der UN losgelöste überstaatliche Macht in Europa durchsetzen. Das einzige Ziel – und die einzig denkbare Rechtfertigung von Gewalt gegen Souveränität – ist aber, den gequälten, bedrängten und verjagten Kosovaren zu helfen. Jede Minute eines verhandlungslosen Krieges türmt hohe Schuld auch auf den Westen und seine selbstgewissen und/oder ambitionierten Politiker.

 

16.04.1999
Frankfurter Allgemeine
Bundestagsdebatte über das Kosovo (FAZ v. 16.4.1999, "Breite parlamentarische Unterstützung für die Bundesregierung"; Kommentar von P. G. Hefty, "Hilfsdienste und Wegweisungen")

Hefty zitiert Lamers zurecht: der Balkan ist eine andere Welt. Das kratzt an der selbstgewissen Moral der Bundestagsdebatte v. 15.4. Man darf durchaus annehmen: der Westen hat die objektiven wie subjektiven Handlungsgrenzen von Milosevic fahrlässig verkannt, als die NATO ultimativ Zustimmung zu einer Besatzung im Kosovo verlangte. Und: die NATO hat durch das Verdrängen der OSZE aus dem Kosovo und durch den aus Sicht der Serben schlüssigerweise ungesetzlichen und parteilichen Militäreinsatz die folgenden Gewalttaten voraussehbar begünstigt. Milosevic trägt Schuld, aber die NATO und viele ambitionierte Architekten einer ungetesteten Sicherheitsordnung haben Mitschuld. Sie werden es kaum erkennen, noch weniger zugeben.
Mit der Moral ist es ohnehin so eine Sache: Ist denn das, was wir über Milosevic hören, auch nur annähernd so brutal wie das, was wir von Truman wissen: das Opfer von hunderttausenden japanischer Zivilisten - Männer, Frauen, Greise wie Neugeborene - für einen in damaligen Kriegsstadium ganz und gar sinnlosen Atombombentest? Nun sage niemand, daß in einer für uns unbegreiflichen Dimension das Staatsmännische beginne.

 

15.04.1999
DER SPIEGEL; abgedruckt Nr. 17/1999
Kosovo-Einsatz (SPIEGEL 15/1999, insbes. Mohr: "Krieg der Köpfe" und die Stellungnahmen deutscher Schriftsteller: "Ein Territorium des Hasses") folgender Leserbrief:

Mohr erledigt alle gewaltkritischen Zielkonflikte mit der Lehrmeisterin Realität: hinschauen - Wahrheit identifizieren – notfalls zuschlagen, auch ohne Recht, wenn mit Moral. Das Problem, das viele heute flimmern läßt, liegt genau in der Mitte, bei der Wahrheit und damit auch bei der Moral. Es gibt sie bei der internationalen Konfliktlösung nicht, es gibt nur ausdeutungsbedürftige, wechselhaft gewichtete Interessen. Und auch im selbstgewissen Westen sind diese Interessen nicht verläßlich nach humanitären Prioritäten geordnet.
Der realpolitische Ansatz ist durch Realität bereits wieder überholt: Die neue deutsche Lesart war: Krieg sei die ultima ratio der Politik; die fortgeschrittene Sicht: Krieg sei schon zu spät über Belgrad gekommen, um guten Erfolg zu haben. Die brandneue Interpretation ist: Weil Krieg zu spät gekommen sei, ist Politik nun wieder die ultima ratio des Krieges. Das wäre fast versöhnlich, lägen nicht zig zivile Opfer in allen Teilen Jugoslawiens dazwischen und die Zerstörung von Milliardenwerten und von jahrzehntelanger Entwicklung. Macht sich jemand Gedanken zur persönlichen Verantwortung derjenigen, die seit 1990 so unbekümmert an der Weltsicherheitsordnung herumbasteln, gleich als wäre dies ein unverbindlicher Stabilbaukasten?

 

14.04.1999
DIE ZEIT
Kosovo (Richard Herzinger in der ZEIT Nr. 15 v. 8.4.1999: "Aus einem fernen, fremden Krieg")

Die NATO ist eine Art moralischer Dienstleistungsbetrieb und gibt uns genau das, was wir wollen? Nett gesagt, aber schräg. Richtig ist, daß sich die NATO um ihr Überleben sorgt, nach siegreicher Bewältigung der Kernaufgabe auch sorgen muß. In bester marktwirtschaftlicher Manier stellt sie ein Produkt, das keine fundamentale Änderung des Vormodells erzwingt, jedoch mit einem schöngeistig-humanitärem Outfit um Abnehmer wirbt. Dabei hat sie zwei Zielgruppen: Die Regierungen, denen sie erweiterte Handlungsoptionen oder – so der nach Reife und Anerkennung strebenden Bundesrepublik – ganz neue Mitwirkungsfelder suggeriert. Und die Zielgruppe der verunsicherten Demokraten, der sie für alle Fährnisse der komplexen neuen Welt einen erweiterten Sicherheitsbegriff beschert und neue Feindbilder wie aus dem Katalog.
Das Dumme ist nur: neben der fast verspielten Militärtechnik sind Analyse und Kompetenz derjenigen Instanzen nicht mitgewachsen, die sich dieser Werkzeuge in ethnischen Konflikten bedienen sollen. Die westliche Politik vertraut neuerdings mehr auf die Hochglanzprospekte des Militärs als auf Völkerrecht und auf realistische Verhandlungsziele. So sehr, daß alle primären Kriegsziele des Jugoslawien-Einsatzes – Entlastung der albanischen Bevölkerung des Kosovo, serbische Zustimmung zu Rambouillet, auch: Destabilisierung von Milosevic – nicht nur nicht erreicht, sondern in das groteske Gegenteil verkehrt worden sind. Die NATO steht in dieser Situation selbstverständlich gerne zur Verfügung, ein neues Kriegsziel – Erhaltung des Ansehens des Westens – durch weitere militärische Eskalation zu fördern. Das ist zwar gutes Marketing, aber nicht das, was ich will.

 

14.4.1999
Rheinischer Merkur; abgedruckt 23.4.1999
Kosovo-Konflikt (Rhein. Merkur Nr. 15 v. 9.4.1999, S. 1; "Der Krieg auf der Kippe")

Alle unmittelbaren Zutaten des Krieges sind hochprofessionell und von tödlicher Effizienz: die Entwicklung und Bereitstellung modernster Waffensysteme, die militärische Planung, die Befehlsstruktur und die Umsetzung. Völlig unprofessionell, teilweise naiv und kindlich explorativ ist das verbindende Element, das dieser Maschinerie Recht, Moral und System geben müßte: die Politik. Was unsere nationale Politik und unsere gesellschaftlich bedeutenden Gruppierungen betrifft, sie sind über den Status von Objekten bisher nicht hinausgekommen. Und die militärisch treibenden Teile der westlichen Allianz werden von dem nun drohend an der Wand stehenden Fehlschlag und Ansehensschaden in eine weitere Eskalation getrieben.
Martin Luther King hat gesagt: Es gibt keinen Weg zum Frieden, wenn nicht der Weg schon Frieden ist. Die ersten Schritte auf diesem Wege sind, Legalität im internationalen Bereich herzustellen, indem UNO und OSZE in ihre Stellung vor der NATO wiedereingesetzt werden. Auch die nationale Legalität liegt im argen. Ein Naturgesetz der Demokratie ist der Gesetzesvorbehalt: jede Maßnahme des Staates, die in wesentliche Bürger- und Menschenrechte eingreifen kann, bedarf der vorherigen abstrakten Festlegung. Hier: welche Interessen wollen wir unter welchen Randbedingungen mit welchen militärischen Handlungsformen schützen? Gehören dazu zB ungeschmälerte Versorgungs- und Absatzwege, zB Deutsche im Ausland in Not? Militärische Ad-hoc-Entscheidungen des Bundestages, die unter einem inzwischen notorischen Zeit- und Geheimhaltungsdruck stehen, können diese rechtsstaatliche Garantie nicht ersetzen. Die Kirche muß mit ihrer ethischen Expertise initiativ an der Rechtsgrundlage mitbauen, will sie nicht schuldig werden.

 

13.04.1999
Kölner Stadt-Anzeiger; abgedruckt 20.4.1999
Kosovo-Einsatz (u.a. KStA v. 12.4.1999: "Verteidigungsminister lobt Rolle Deutschlands")

Der Verteidigungsminister vermerkt einen "großen Sprung nach vorne, was das internationale Ansehen und die internationale Verläßlichkeit Deutschlands angeht", wir seien nun "endgültig in der Gemeinschaft der westlichen Demokratien angekommen"; der Kanzler sieht "die Stellung im westlichen Militärbündnis grundlegend geändert" und Deutschland als eine "erwachsen gewordene Nation".
Und was ist wirklich passiert? Die NATO-Staaten haben das Völkerrecht mit der Begründung verletzt, der Zweck heilige die Mittel, und führen einen unerklärten Krieg. Die zentralen politischen Ziele der Bombardierung: Entlastung der albanischen Bevölkerung des Kosovo, Zustimmung zu Rambouillet, auch: Destabilisierung von Milosevic. Wegen einer katastrophalen und eher unmündig wirkenden Fehleinschätzung bzgl. des Denkens und der subjektiven und objektiven Handlungsspielräume der Gegenseite sind diese Ziele jedoch nicht nur verfehlt worden, sondern nun in das dramatische Gegenteil verkehrt.
Wir sind gar nicht erwachsener geworden, seit wir uns in die vorderste Front des westlichen Militärbündnisses eingereiht haben – eher wohl haben wir an Souveränität verloren und tragen aus Nibelungentreue jede den Sieg versprechende Ausweitung des Friedens-Feldzuges mit. Selbständiges Denken haben wir verlernt. Sonst wäre früher aufgefallen, daß konsensfördernd allein eine Schutztruppe mit maßgeblich russischer Beteiligung sein kann und Unparteilichkeit höchstens der UNO bzw. der OSZE, nicht aber der NATO zugetraut wird.

 

29.01.1999
Kölner Stadt-Anzeiger
Ausländerpolitik; Verfassungsreform; Unterschriftenaktion der Union zum Staatsangehörigkeitsrecht und Kandidatur von Fr. Prof. Dr. Schipanski für das Amt des Staatsoberhaupts (u.a. KStA v. 25. U. 26.01.1999: "Lob und ganz neue Bonner Töne"; "Rüttgers lehnt Schilys Vorschlag ab")

Zwei Themen, die auch den verbesserungsbedürftigen Wirkungsgrad unserer Demokratie betreffen: die Staatsangehörigkeitsdebatte und die anstehende Präsidentenwahl.
Bei der ersten Frage setzt die Union auf eine Unterschriftenkampagne, damit auf eine Aktion mit eingebaut einseitigem Ergebnis. Dies zielt nicht auf ein differenziertes Meinungsbild. Gegen das nach 50 Jahren Grundgesetz naheliegendes Reformziel – Volksentscheid und damit stärkere bürgerliche Mitbestimmung der Inhalte – setzt Rüttgers schlechte Erfahrungen. Seine persönlichen Erfahrungen können es kaum sein.
Für die Präsidentschaft hat die Union eine attraktive Kandidatin benannt. Mit Eigenschaften, die ihr Konkurrent – vor allem in der Kürze der Zeit – nicht erwerben kann: parteilos, ost-erfahren, wissenschaftlich und weiblich. Ich würde sie sehr gerne wählen können. Aber die direkte Wahl des Staatsoberhaupts, die sich Frankreich schon lange gönnt, steht weder auf der Aktionsliste der politisch-väterlichen CDU noch auf der der SPD.

 

und, viele Leserbriefe vorher:

 

29.09.1992
Kölner Stadt-Anzeiger; abgedruckt: 02.10.1992
Militär; Absage der "V 2 - Gedenkfeier" in Peenemünde (KStAnz. v. 29.09.1992)

Hätten wir am Deutschlandtag die Schöpfer der V 2 hochleben lassen, hätten wir auch die der Scud mitgefeiert. Die Scud ist wie die Mehrzahl der heute weltweit ausgerichteten Trägersysteme legitimer Nachfahre der V 2. Scud und V 2 sind brutale Massenvernichtungswaffen, die unter einem verantwortungslosen Regime bewußt zum Schaden der Zivilbevölkerung eines anderen Landes entwickelt und eingesetzt worden sind.

Demgegenüber ist der vorgebliche Kontext ziviler (!) Raumfahrtforschung, der etwa den jungen Wernher von Braun begeistert und geblendet haben mag, als Begründung eines V 2 - Festes geradezu absurd. Die Forschung hat sich gegen diese Wirtschaftsidee im doppelten Sinne auch ausdrücklich verwahrt.

Der Vorschlag war, wenn auch der Count-down schweren Herzens in letzter Sekunde abgebrochen wurde, bereits eine verheerende Wunderwaffe gegen das Ansehen des neuen Deutschland im Ausland und unserer Repräsentanten im Inland.

 

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