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Stand: 19.6.2004

Bundeswehrauftrag und Rechtsstaat
- Plädoyer für ein Streitkräfte-Aufgaben-Gesetz -

Dr. jur. Karl Ulrich Voss, Burscheid/Rheinld.

(ergänzte Fassung eines in Freitag 41 / 2003, S. 6 abgedruckten Artikels)

Von lauter Partnern umgeben, hat der Verteidigungsminister heute im hergebrachten Sinn nichts mehr zu verteidigen und die Bundeswehr nichts mehr abzuwehren. Aber die Zahl der tatsächlichen oder nachgefragten Einsätze wächst stetig, die Missionen werden ernster und sie fordern Opfer. Die Einsätze haben bisher bei weitem nicht alle militärischen oder sicherheitspolitischen Hoffnungen erfüllt. Die Somalia-Operation war ein vollständiger Misserfolg, die meisten Vorhaben erwiesen sich als deutlich schwieriger und langwieriger als geplant. Die technische und organisatorische Umstellung auf neue Aufgaben kanalisiert bereits seit vielen Jahren massiv staatliche Ressourcen. Und bei alledem können die wenigsten Politiker, Journalisten, Bürger - und insbesondere die Soldaten - heute klar sagen, was zum Auftrag der Bundeswehr gehört und was definitiv nicht. Gibt es oder gab es dazu eine gesellschaftliche Debatte? Im September 1993 erklärte der damalige Außenminister Kinkel das Aufgabenspektrum der Bundeswehr als für die Wählerinnen und Wähler ungeeignet: "Ich möchte wirklich ungern mit diesem Thema in 20 Wahlkämpfe gehen, weil das Deutschland schadet."[1]

Kriterien?

Seit 1993 hat sich der Nebel nicht gelichtet, auch nicht in der 14. und 15. Legislaturperiode. Jede neue Krise bringt Ungewissheit über den Einsatz, ob zu Kuwait, Somalia, Jugoslawien und Folgestaaten, Albanien, Ruanda, Afghanistan oder Kongo. Nun Irak. Künftig vielleicht Syrien, Iran und Korea? Eher können wir eine kontinuierliche Ausweitung der Einsatzszenarien feststellen[2] als eine Definition, Konkretisierung oder Eingrenzung. Zwar hatte die SPD noch in der Oppositionsrolle auf einen nachvollziehbaren Auftrag gepocht, im Wahljahr 1998 gar ein Bundeswehraufgabengesetz in Aussicht gestellt. Bereits i.J. 1994 hatte auch Ruth Witteler-Koch, stellv. FDP-Bundesvorsitzende, ein 'Entsendegesetz' gefordert, worin "klar umrissen sein müsste, was wir mit unserer Bundeswehr leisten können, leisten wollen."[3] I.J. 2001 verlangte Wilfried Nachtwei von den Bündnis-Grünen im Rahmen der Debatte der Bundeswehrreform "eine genaue Klärung und Verständigung über die Voraussetzungen, Ziele und Grenzen von Kriseneinsätzen"[4] und hat auch bei der aktuellen Debatte des Bundestages zur Reform der Bundeswehr am 11.3.2004 "klare Rahmenkriterien für Auslandseinsätze" angemahnt.[5]

Allerdings hatte Karl Lamers bereits 1993 das handlungsorientierte Motiv der bis heute durchschlagenden Gegenposition formuliert. Er hatte einer Bewertung Verheugens beigepflichtet, im Grundgesetz müsse man (wenn überhaupt) mit einer eher allgemeinen Regelung auskommen und dies begründet:

"Und das ist nun grundsätzlich und nicht nur in diesem aktuellen Fall eine sehr gute Aussage, denn jede Regelung, die alle Einzelheiten verfassungsrechtlich festhalten will, eine - wie die Juristen sagen - enumerativ-kasuistische Regelung, läuft immer Gefahr, von der Wirklichkeit überholt zu werden."[6]

Das Wort Gefahr mag hier unabsichtlich gefallen sein. ‚Gefahr’ ist aber bezeichnend für einen tatsächlichen, vermuteten oder nur vorgeblichen Bedrohungs-Hintergrund, vor dem die Politik mit eigener Problemlösungskompetenz wirbt und dafür einen breiten Handlungsspielraum einfordert. Dies ähnelt einer gängigen Argumentation für den Fall eines Ausnahmezustandes oder Notstandes: Auch dort wird die Verkürzung von demokratischen Mitwirkungsrechten und von rechtsstaatlichen Garantien häufig mit dem Bedarf an effizienten Kontroll- und Entscheidungsstrukturen motiviert. Den gleichen Kern hat auch die heute wieder zunehmende Demokratie-skeptische Haltung, in Auf- und Umbauphasen eines Staates seien autoritäre Strukturen und Verfahren zuverlässiger als demokratische.

Der Bericht der Weizsäcker-Kommission aus dem Mai 2000 mit dem Titel 'Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr'[7] hätte Gelegenheit zur Konkretisierung von Zielen und Auftrag der Bundeswehr gegeben. Leider enthält der Bericht nur vage skizzierte sicherheitspolitische Ziele wie z.B. den Schutz zentraler deutscher Interessen[8] und zitiert die ebenso pauschalen Überlegungen der Bundesregierung zum Bundeswehrauftrag aus dem Jahre 1992.[9] Auch die Verteidigungspolitischen Richtlinien des Bundesministeriums der Verteidigung in der Neufassung vom 21.5.2003 führen den interessierten Bürger nicht weiter. Nunmehr wird 'die Aufgabe der herkömmlichen Landesverteidigung durch den umfassenderen Begriff des Schutzes Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger ersetzt’[10]. Vielfach nennen die Richtlinien die Vorbeugung und Eindämmung von Krisen und Konflikten als die nunmehr zentrale Aufgabe der Bundeswehr[11]. Was aber sind ‚Krisen’ oder ‚Konflikte’, die zum Eingriff berechtigen? Die Reichweite wird nicht erklärt, und ‚Krise’ und ‚Konflikt’ sind auch keine juristischen Fachbegriffe. Die Richtlinien kennen keine Grenzen mehr, nicht mehr zwischen verschiedenen Einsatzarten und keine globalen Grenzen des Einsatzgebietes[12]. Sie warnen vor terroristischen Gefahren und Massenvernichtungsmitteln[13] und zählen zu den militärisch zu schützenden Interessen auch die deutsche Wirtschaft mit ihrem verwundbaren Außenhandel[14]. Damit bleibt für alle unberechenbar, wann welche Mission ausgelöst wird. Unabhängig davon kann eine Richtlinie ohnehin nicht der rechtsstaatlich richtige Ort für die Neubestimmung von Eingriffen staatlicher Organe sein, auch wenn sie genau das für sich selbst in Anspruch nimmt.[15]

Militär und Mitbestimmung

Demokratisierung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik war das Anliegen eines unserer größten Denker, und das vor mehr als 200 Jahren. Immanuel Kant wollte die ambitionierte Machtpolitik der Staatsspitze durch Rückkopplung zwischen dem Kriegsbeschluss und dem Tragen der Kriegslasten einhegen. Seine hellsichtigen Vorschläge warten noch auf Verwirklichung:

"Wenn (wie es in dieser Verfassung[16] nicht anders sein kann) die Beistimmung der Staatsbürger dazu erfordert wird, um zu beschließen, 'ob Krieg sein solle oder nicht', so ist nichts natürlicher, als dass, da sie alle Drangsale des Krieges über sich selbst beschließen müssten
(als da sind: selbst zu fechten; die Kosten des Krieges aus ihrer eigenen Habe herzugeben; die Verwüstung, die er hinter sich lässt, kümmerlich zu verbessern; zum Übermaße des Übels endlich noch eine, den Frieden selbst verbitternde, nie [wegen naher immer neuer Kriege] zu tilgende Schuldenlast selbst zu übernehmen),
sie sich arg bedenken werden, ein so schlimmes Spiel anzufangen."[17]

Dies ist mit Kants 'Kategorischem Imperativ' zu verbinden: Kant verlangt ein authentisches, einschätzbares Verhalten, ausnahmslos an den Kategorien der Vernunft und den Formen allgemeiner Gesetzgebung orientiert.[18] Dann ist für eine repräsentative Demokratie das Verfahren der Wahl nicht eine Aneinanderreihung von Einzelfall-Beschlüssen, sondern erstens die inhaltliche Debatte mit den Bürgerinnen und Bürgern und zweitens die darauf aufbauende gesetzliche Festlegung der Tatbestände militärischen Eingreifens[19], die auch nur im nämlichen Verfahren, mit den gleichen rechtsstaatlichen Garantien fortentwickelt werden kann.

In der verfassungsrechtlichen Diskussion ist die demokratische und rechtsstaatliche Dimension von militärischem Handeln heute kaum Gegenstand; auch in der Presse wird ein verbindlicher Maßstab für Auslandseinsätze bisher nur ganz ausnahmsweise gefordert.[20] Vertreter der Friedens- und Konfliktforschung haben aber herausgestellt: Gerade weil das Militär über die Instrumente der ultimativen Gewalt verfügt, ist es von entscheidender Bedeutung, dass seine Legitimierung, zivile Kontrolle und Verantwortlichkeit geregelt sind.[21] Mit Recht fragt man, ob denn 'die Bürger der Vereinigten Staaten und Großbritanniens unlängst über eine solch existentielle Frage wie Krieg und Frieden selbst entscheiden konnten'[22], und stellt fest: ‚Selbst reife Demokratien haben sich bei Entscheidungen über Krieg und Frieden über erkennbare Willensäußerungen von Bevölkerungsmehrheiten hinweggesetzt.'[23]

Von besonderem Interesse muss hier die Perspektive der unmittelbar Betroffenen, der Angehörigen der Bundeswehr selbst sein: Bereits der Tätigkeitsbericht des Bundesvorstandes des Bundeswehrverbandes v. 22.10.2001 hatte - im Zusammenhang mit neuen Aufgaben der Bundeswehr im Inneren - ein Bundeswehraufgabengesetz gefordert.[24] Konkret auf Auslandseinsätze bezieht sich der Bundesvorsitzende Oberst Bernhard Gertz in einem Interview im Jahre 2003; er weist dabei besonders auf das rechtsstaatliche Defizit hin:

"Ich halte das (Bezug: Vorschläge für ein Parlamentsbeteiligungsgesetz) für unabdingbar notwendig. Es gibt ja mittlerweile eine Reihe von Vorschlägen für ein sogenanntes Parlamentsbeteiligungs- oder Entsendegesetz. Ich hätte es lieber gesehen, wir hätten all diese Ansätze in einem Bundeswehraufgabengesetz geregelt, das wir nach wie vor nicht haben. Jede Polizei jedes Bundeslandes hat ein Polizeiaufgabengesetz, für die Bundeswehr kennen wir so etwas nicht. Das führt dann zu dem skurrilen Ergebnis, dass der Auftrag der Bundeswehr in verteidigungspolitischen Richtlinien definiert wird, die alleine der Verteidigungsminister erlässt, die nicht mal die Bundesregierung zustimmend zur Kenntnis nimmt, geschweige denn der deutsche Bundestag." [25]

Bei alledem ist festzuhalten: Die Rolle der Bundeswehr als Instrument der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik hat sich in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Ihre als anfänglich "verteidigend/abwehrend, statisch" bewertete Rolle ist in der heutigen Wahrnehmung der Rolle einer "gestaltenden Regelung vieler Fragen" gewichen.[26] Eine öffentliche Debatte um die neue deutsche Sicherheitspolitik, um deutsche Interessen und deutsche Beteiligung an UN-Einsätzen findet gleichwohl nicht statt[27] oder wird - etwa nach Einschätzung auch der Deutschen Bischofskonferenz - in Deutschland nur sehr unzureichend geführt.[28] Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion forderte jüngst in ihrem Antrag v. 26.1.2004 "Für eine moderne Bundeswehr als Pfeiler einer verlässlichen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Deutschlands" (Drs. 15/2388) eine öffentliche Debatte:

"Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

(10.) der deutschen Bevölkerung die sicherheitspolitische Lage unseres Landes und die daraus sich ergebenden Konsequenzen in einer öffentlichen sicherheitspolitischen Grundsatzdebatte zu vermitteln. Dabei müssen neben den Gefahren und Bedrohungen, denen wir als Teil des Westens ausgesetzt sind, Inhalt und Konsequenzen der europäischen Sicherheitsstrategie ebenso aufgezeigt werden, wie unsere Interessen, unsere Möglichkeiten und die Maßstäbe der Beteiligung an internationalen Missionen zur Krisenbewältigung oder der Prävention von akuten Gefahren."

Zu Beginn der Neunziger Jahre fanden die Parteien selbst zunächst keinen gemeinsamen Nenner. Sie trugen im Jahre 1994 den Streit zwischen Regierung und Opposition und sogar innerhalb der Regierung - gleichzeitig ein Streit zwischen Administration und Parlament - zum Bundesverfassungsgericht. Das hat dann geurteilt: Jeder Einsatz der Bundeswehr bedarf der Entscheidung und nicht etwa nur der deklaratorischen Mitwirkung des deutschen Bundestages; hierzu sollte baldmöglichst eine Verfahrensregelung getroffen werden.[29] In einem bedenkenswerten Sondervotum haben die Richter Böckenförde und Kruis ausgeführt: Die Politik habe das Organstreitverfahren nicht gebraucht, um Rechte des Parlaments zu verteidigen; vielmehr habe sie es als juristische Einkleidung genutzt, um andere (politische) Konflikte oder Meinungsverschiedenheiten vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen und von ihm entscheiden oder schlichten zu lassen.[30] Damit wäre hier die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unzulässigerweise als Ersatz ihrer höchsteigenen Gestaltungspflichten missbraucht, wie sich insbesondere an der Klage einer Regierungsfraktion zeigte.

Gesetzesvorbehalt und Wesentlichkeitsgebot

Rechtsstaat heißt Gesetzesvorbehalt. Und Gesetzesvorbehalt bedeutet: Die zentralen Dinge des Staates müssen zum Schutz des Bürgers vor staatlicher Willkür durch ein Gesetz geregelt werden – gerade die, die in Bürger- und Menschenrechte eingreifen können. Für alle gleich, nicht für den Einzelfall, von vorhinein und nicht erst, wenn akuter Handlungsbedarf besteht. Ein Staat, der nur seine weniger wichtigen Angelegenheiten in Gesetze fassen würde oder nur die Pflichten der Bürger, wäre nicht etwa ein schlechter Rechtsstaat. Er wäre keiner. Militärische Einsatzentscheidungen betreffen Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum von Inländern wie Ausländern; sie gehören zu den zentralen Fragen und sind in den Artt. 2 und 14 GG durch ausdrückliche Verfassungsgarantien geschützt, die einen Eingriff nur auf Grund eines Gesetzes erlauben. Der Gesetzesvorbehalt zählt zum historischen Kernbestand und zum Tragwerk des Verfassungsstaates, auch als Lehre aus den menschenverachtenden Übergriffen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Die Rechtsprechung hat den Gesetzesvorbehalt durch das Wesentlichkeitsgebot weiter konkretisiert: Bei Eingriff in Grundrechte bleiben die zentralen Entscheidungen der Gesetzgebung vorbehalten und dürfen nicht etwa von der Exekutive in untergesetzlichen Vorschriften wie Verordnungen oder (Verteidigungspolitischen) Richtlinien getroffen werden, so das Bundesverfassungsgericht zur Sexualerziehung in der Schule[31], zur Erfassung von Fernsprechdaten[32], zur Regelung von LPG-Altschulden[33] und noch am 24.9.2003 zum Kopftuchverbot.[34] Entsprechend hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein Westfalen zur Unzulässigkeit der Zusammenlegung von Innen- und Justizressort[35] entschieden. Jeweils tragend war, die demokratische Partizipation und transparente Gesetzgebung sicher zu stellen:

"Wenn das Grundgesetz die Einschränkung von grundrechtlichen Freiheiten dem Parlament vorbehält, so will es damit sichern, dass Entscheidungen von solcher Tragweite aus einem Verfahren hervorgehen, das der Öffentlichkeit die Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und die Volksvertretung anhält, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären."[36]

Der Verfassungsgerichtshof NRW hob hervor:

"In bestimmten grundlegenden Bereichen muss staatliches Handeln vielmehr durch Gesetz legitimiert werden. Insoweit verpflichten Rechtstaatsprinzip und Demokratieprinzip die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Er darf sie nicht anderen Normgebern oder dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen."[37]

Selbst als die Rechtschreibreform i.J. 1998 im Parlament erörtert wurde, wurde der Wesentlichkeitsgrundsatz zitiert[38]. Das fordert zu einem Vergleich der jeweils gefährdeten oder beeinträchtigten Rechtsgüter heraus: Wenn der rechte Gebrauch von Komma und ‚ß’ nach einem rechtsstaatlichen Fundament ruft, so verlangt dies der Leib und Leben gefährdende Auslandseinsatz um ein Vielfaches mehr.

Offene Pakte – ein Sonderfall?

In den Entscheidungen zum Gesetzesvorbehalt/Wesentlichkeitsgebot der Verfassung einerseits und in den Entscheidungen zu den ‚out of area’-Entscheidungen des Bundestages andererseits hat das Bundesverfassungsgericht die demokratische Mitwirkung und die legislative Transparenz unterschiedlich ausgeprägt geschützt. Diesen Konflikt hat das Bundesverfassungsgericht auch in der sehr umfangreich begründeten AWACS-Entscheidung des Jahres 1994 nicht aufgearbeitet. Diese Entscheidung wendet allgemein Art. 24 Abs. 2 GG als Grundlage zur Verwendung der Bundeswehr zu Einsätzen an, die im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit stattfinden.[39] Das Dilemma des Bundesverfassungsgerichts bestand darin: Die Entscheidung des Jahres 1994 fiel in eine Umbruchzeit der Bündnisziele und Bündnispflichten. Die zu Grunde gelegten, durch das Parlament auch ordnungsgemäß ratifizierten völkerrechtlichen Verträge bzw. das bisherige Verständnis dieser Verträge stimmte augenscheinlich nicht mehr mit dem faktischen neuen Bündnishandeln überein. Dies führte am Ende aus der Sicht der Bürger zu einem klassischen non liquet: Die Richterbank war grundlegend und genau zur Hälfte geteilt in der Frage, ob es für ein neuerliches Mitentscheidungsrecht des Parlaments auf die förmliche, völkerrechtliche Vereinbarung geänderter Bündnispflichten ankommt[40] - eine solche Vereinbarung lag unstreitig nicht vor - oder ob bereits eine ausreichende dynamische Fortbildung der Verträge durch einverständliche Äußerungs- und Handlungsformen eingeleitet war, die Pflichten außerhalb der traditionellen Verfahrensweisen verbindlich modifiziert und damit der Mitwirkung des Parlaments nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG entzogen worden waren.[41] Durch das Patt kam die Feststellung eines Verfassungsverstoßes aus Verkürzung der Mitwirkungsrechte des Parlaments nicht zu Stande.

Das Gericht berührt die Problematik des Gesetzesvorbehaltes nur bei Einführung des neuen Instituts des Parlamentsvorbehaltes: 'Der Bedarf an parlamentarischer Mitwirkung ist abhängig von der Regelungsdichte, in der die Art des möglichen Einsatzes bereits vorgezeichnet ist'.[42] Hier ist allerdings wohl nicht die nationale Normierung gemeint, sondern eine einem Einsatz vorangehende völkerrechtlich wirksame, tatbestandlich spezifizierte und vom Parlament bereits nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG ratifizierte Vereinbarung, die dann in der Tat eine geringere Kontrolltiefe erfordern würde. Immerhin ergibt sich hieraus ein mittelbarer Hinweis auf den Bedarf inhaltlicher Mitwirkung des Bundestages. Dagegen kann die Aufforderung zur Gestaltung des Mitwirkungsverfahrens[43] nicht als Pflicht zur materiellen Regelung gedeutet werden.

In einer ergänzenden Entscheidung aus dem Jahre 2001 verneint das Bundesverfassungsgericht auf Klage der PDS nun einstimmig, dass das neue Strategische Konzept der NATO von 1999 ein förmlich oder konkludent zustande gekommener Vertrag ist. Somit sei es auch nicht ratifikationsbedürftig gem. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG.[44] Das Gericht würdigt eingehend den im Hinblick auf eine grundlegend neue Sicherheitslage nun auf Krisenreaktions-Einsätze erweiterten sicherheitspolitischen Ansatz.[45] Sodann stellt das Gericht fest, die getroffenen Inhaltsbestimmungen ließen sich "noch als Fortentwicklung und Konkretisierung der offen formulierten Bestimmungen des NATO-Vertrages verstehen."[46] Das Gericht nennt zwar die Gefahr eines rechtserheblichen Handelns der Exekutive unterhalb der Schwelle einer förmlichen Vertragsänderung, sieht aber in dieser Entscheidung nun ausreichende Instrumente zur Kontrolle der Regierung aufgrund des parlamentarischen Frage- und Budgetrechts.[47] Anzumerken ist: Gerade die notorisch offenen Formulierungen internationaler Verträge im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik und die selbst für die Gerichte und die Parlamentarier nur schwer ausdeutbaren wandelbaren Motive der nationalen Administrationen lassen die jeweils aktuell zu erwarteten Eingriffsfälle schwer berechenbar erscheinen - vor allem für die Bürger - und machen damit auch eine demokratische Kontrolle im Rahmen von Wahlen oder inhaltlichen Initiativen sehr theoretisch. Die Entscheidungsmacht der Exekutive bleibt damit trotz besonders hoher Eingriffsintensität weitestgehend unkontrolliert. Das nationale Handeln wird in der Praxis effizienter von außen gesteuert - durch Prozesse und Interessen in den ebenfalls exekutiv besetzten Bündnisgremien - als von innen, durch Parlament bzw. Bürgerinnen und Bürger.

Es liegt nahe, dass das Bundesverfassungsgericht im Spannungsfeld zwischen dem der Regierung vorbehaltenen Eigenbereich exekutiver Handlungsbefugnis einerseits und dem Anspruch transparenter parlamentarischer Kontrolle andererseits bewusst eine Kompromisslösung entwickelt hat: In der mündlichen Verhandlung vor der grundlegenden Entscheidung aus dem Jahre 1994 haben die Rechtsgüter der beteiligten Soldaten und der durch den Einsatz betroffenen Dritten in protokollierten Stellungnahmen der damaligen Abgeordneten Wieczorek-Zeul und des an der Entscheidung beteiligten Richters Kruis eine wichtige Rolle gespielt, ebenso das erkennbare Legitimationsdefizit. Der zunächst in Betracht gezogene generalklauselartige § 5 des Soldatengesetzes wurde mangels Konkretisierung ausdrücklich nicht als ausreichende Eingriffsgrundlage angesehen.[48] Viel spricht dafür, dass das Bundesverfassungsgericht zur Gewährleistung der Handlungs- und Bündnisfähigkeit der Regierung gegenüber der grundsätzlich gebotenen abstrakten generellen Lösung eine ‚kleine’, quasi-legislative Konstruktion vorgezogen hat, nämlich die konstitutive Zustimmung des Parlaments im Einzelfall, und damit das Legitimationsdilemma möglichst konform zur Verfassungssystematik heilen wollte. Darauf hin deutet auch die sprachliche Nähe zwischen dem neu entwickelten ‚Parlamentsvorbehalt’ und dem traditionellen ‚Gesetzesvorbehalt’, der für diese Fallgestaltungen substituiert wurde, und auch die besondere Verantwortung des Parlaments für die Truppe im Einsatz, die in dem ebenfalls neuen Begriff ‚Parlamentsheer’ verkörpert ist. Bei der öffentlichen Anhörung des federführenden Geschäftsordnungsausschusses zu den Entwürfen für ein Parlamentsbeteiligungsgesetz / Auslandseinsätzemitwirkungsgesetz am 17.6.2004 hat der Sachverständige Prof. Dr. Baldus auf die Begründung des Parlamentsvorbehalts aus der besonderen Gefährdung der beteiligten Soldaten und damit aus der möglichen Beeinträchtigung von Grundrechten hingewiesen; der an der Entscheidung aus dem Jahre 1994 beteiligte Sachverständige Prof. Dr. Klein hat dieser Interpretation ausdrücklich nicht widersprochen.

Festzuhalten bleibt insbesondere: Inhalt und Bindungswirkung internationaler Verträge sind nach der Rechtsprechung zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr ein so wenig fassbarer Rechtsstoff, dass weder eine normative Kontrolle durch parlamentarische Mitwirkung gem. Art. 59 Abs. 2 GG noch eine inhaltliche Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht das Handeln der Exekutive mit den Mitteln des Rechts einschränken kann - selbst wenn die Regierung ganz offen neue Wege einschlagen will und in der Praxis dann auch geht. Wer die Handlungsmacht der Exekutive fördern will, müsste ihr konsequenterweise raten, verbriefte Verpflichtungen zu umgehen und jeweils im Einzelfall in tatsächlichem Kartell der Bündnispartner zu handeln, damit die Einschätzbarkeit aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger zu minimieren. Dies erscheint mir als rechtspolitische Fehlsteuerung in einem Handlungsfeld, das für die Bürgerinnen und Bürger sowohl hinsichtlich der Sicherheit als auch hinsichtlich der gebundenen Ressourcen besonders folgenschwer sein kann.

Ein Vergleich nationaler und internationaler Ordnungsmaßnahmen zeigt eine paradoxe Situation: Würde eine inländische polizeiliche Aktion ausnahmsweise oder gar regelmäßig mit dem Einzelfall-Beschluss eines Landesparlamentes legitimiert, wäre der Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze nicht zu übersehen. Typischerweise zeichnet sich der Bedarf an einer rechtlichen Festlegung in einem Überschneidungsbereich von Länder- und Bundeskompetenzen am deutlichsten ab: Bei der Diskussion von künftigen nationalen Aufgaben der Bundeswehr wird gerade unter Berufung auf die Landespolizeigesetze ein Bundeswehraufgabengesetz gefordert[49] und auch bei der Verbesserung der nationalen Luftsicherheit durch Eingriffe der Bundeswehr ist die tatbestandliche Konkretisierung selbstverständlich, die konkrete inhaltliche Ausgestaltung Diskussionsstoff. Vergleicht man die Eingriffsintensität und die kurz- bis mittelfristigen Auswirkungen auf Rechte der Bürger zwischen nationalen polizeilichen und internationalen militärischen Maßnahmen, liegt hier sogar eine Argumentation vom Kleineren zum Größeren nahe: Von Polizeipistolen zu Panzern, Bombern und Fregatten, von polizeilichen Hundertschaften zu Truppen in Divisionsstärke, von Polizeieinsätzen von Tagesdauer zu militärischen Missionen von teilweise mehreren Jahren. Dies zeigt ein noch größeres Bedürfnis an transparenter rechtsstaatlicher Festlegung von militärischen Eingriffsvoraussetzungen, zumal die Folgen Ausländer wie Inländer gleichermaßen treffen können.

Dass das Schwergewicht militärischer Aktivitäten regelmäßig im Ausland liegt, dürfte kein sachgerechtes Kriterium sein, geringere Anforderungen an eine rechtsstaatliche Normbildung zu stellen, mag es auch den Prozess wegen der in aller Regel notwendigen Abstimmung mit dritten Staaten erschweren. Auch wird es zwar eine lange Tradition der Sonderstellung diplomatischer Vereinbarungen geben, die den nationalen Parlamenten mit i.d.R. verfahrenspraktischer Begründung höchstens das Recht der ungeänderten Annahme oder Verweigerung der von der Exekutive vorgeschlagenen Vereinbarungen gibt. Allerdings muss das staatliche Handeln auch bei auswärtigem Bezug demokratisch normiert werden können, wenn wie hier unmittelbare Auswirkungen auf Rechte und Pflichten der Bürger zu gewärtigen sind. Neben dem demokratisch ermittelten und repräsentierten Willen der Bürger ist eine andere Legitimationsquelle gesamtstaatlichen Handelns nicht erkennbar.

Durch die Entscheidung des Jahres 1994 hat das Bundesverfassungsgericht dem Bundestag eine grundlegend neue Handlungsform gegeben. Seine typische Funktion ist das Generieren abstrakter Regelungen. Hier nun erscheint der Bundestag als Zwitterwesen, er entscheidet nicht legislativ, sondern administrativ-parlamentarisch und ist stark an die Arbeit der Exekutive gekoppelt. Nun könnte man für die ad-hoc-Entscheidungspraxis des Bundestages und für den Verzicht auf eine nationale gesetzliche Regelung - einschließlich gesellschaftlicher Debatte und tatbestandlicher Fixierung – anführen: Ein Staat agiere umso demokratischer, je häufiger das Parlament zu bestimmten Fragen angerufen wird. Überzeugen kann dies indessen nicht.

Zum einen ist die Kontrollfunktion der Parlamentsmehrheit gegenüber der von ihr gestellten Regierung in der täglichen Praxis realistischerweise sehr begrenzt. Dies gilt insbesondere bei fast flächendeckendem Konsens der großen Parteien über die Erweiterung der Bundeswehraufgaben, bei der in jeder Debatte beschworenen breiten moralischen Unterstützung für die Truppe vor Ort und bei der Möglichkeit der Exekutive, in kritischen Fällen die Vertrauensfrage und damit die politische Existenzfrage mit in die Waagschale zu werfen. Die vielen Anträge auf Auslandseinsätze oder Erweiterungen/Verlängerungen von Auslandseinsätzen sind bislang vom Parlament denn auch ausnahmslos bewilligt worden.[50] Zum anderen sind Einzelfall-Entscheidungen des Souveräns rechtsstaatlich immer anrüchig, ob durch einen Herrscher oder durch ein Parlament. Aus gutem Grund verbietet das Grundgesetz in Art. 19 Abs. 1 S. 1 ausdrücklich jede Grundrechtsbeschränkung durch Einzelfallgesetz.

Zusammengefasst: die derzeitige Praxis konstitutiver Beschlüsse des Bundestages hat hinsichtlich der demokratischen Kontrolle erhebliche Nachteile:

-          Die Eingriffsbegründungen werden regelmäßig auf internationale Verträge mit offenen, tatbestandlich wenig konkretisierten Regeln gestützt, die den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetzesvorbehalt bei einem innerstaatlichen Eingriff nicht genügen würden.

-          Hinsichtlich der Einsatzgründe besteht daher ein weitgehendes Ermessen. Auch fehlt eine Bindungswirkung aus fortlaufender Praxis, die sich in einem Fallrechtssystem entsprechend anglo-amerikanischer Rechtspraxis durch den Zwang zu offener Differenzierung und Referenzierung herausbildet.

-          Daraus folgt ein geringerer Grad von Nachverfolgbarkeit und demokratischer Kontrolle im nationalen Bereich. Es folgt ferner ein geringerer Grad an Voraussehbarkeit und Einschätzbarkeit des Regierungshandelns im internationalen Kontext, damit auch eine Eskalationsgefahr durch vorsorgliche Rüstungsanstrengungen potentieller Gegner.

-          Die Glaubwürdigkeit einer militärischen Mission zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten leidet, wenn die Entscheidungsfindung selbst rechtsstaatlich und demokratisch angreifbar ist.

Die untypische Rolle des Bundestages und die sehr häufige Befassung[51] - wohl auch durch unerwartet viele Vorlagen zur Verlängerung zunächst eng befristet vorgeschlagener Einsätze - haben nun Forderungen nach einer noch weiter vereinfachenden Verfahrensregelung hervorgebracht, die die bereits unbefriedigende demokratische Einbindung der Bürger und die rechtsstaatliche Legitimation staatlichen Handelns weiter erschweren kann. Nunmehr kommt die Politik auf die Forderung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1994 nach Regelung des Verfahrens zur Einbindung des Bundestages zurück:

‚Parlamentsbeteiligungsgesetz’: rechtsstaatliche Diät

Öffentlich fast unbemerkt haben die Regierungsfraktionen ein 'Gesetz zur Ausgestaltung des Parlamentsvorbehalts - Parlamentsbeteiligungsgesetz' vorbereitet und am 26.3.2004 in den Bundestag eingebracht.[52] Das Gesetz soll die Beteiligung des Parlaments an der Einsatz-Entscheidung regeln, dabei noch vereinfachen und beschleunigen. Bestimmungen zu den notwendigen Voraussetzungen und Begründungen eines Eingriffs soll das Gesetz dagegen nicht enthalten[53]. Hier wird eine rechtsstaatlich sehr schmale Kost bereitet, und das mag man auch an der Befassung der Parlamentsgremien ablesen: Nicht die in der Sache erfahrenen Ausschüsse für Auswärtiges, Verteidigung oder Menschenrechte koordinieren das Vorhaben; es wurde dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen. Den Inhalt des SPD-Entwurfes erläuterte Gernot Erler am 20.10.2003:

‚Davon (Bezug: von bewaffneten Einsätzen) zu unterscheiden sollen aber in Zukunft Planungs- und Vorbereitungsmaßnahmen sowie humanitäre Hilfsdienste und Hilfsleistungen sein, bei denen Waffen lediglich zum Zweck der Selbstverteidigung mitgeführt werden. In diesen Fällen entfällt die Zustimmungspflicht des Parlaments.

„Ein vereinfachtes Zustimmungsverfahren sieht der SPD-Entwurf vor, wenn es um Aufträge für nur zur Selbstverteidigung bewaffnete Erkundungskommandos, um die Entsendung einzelner Soldaten im Rahmen von Austauschvereinbarungen mit verbündeten Streitkräften und um die Entsendung einzelner Soldaten zu Missionen der Vereinten Nationen, der NATO oder der EU geht. Die Bundesregierung informiert dann den Bundestag, dessen Zustimmung nach sieben Tagen als erteilt gilt, wenn nicht eine Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten (zur Zeit 33 MdB) Widerspruch erheben. Dieses vereinfachte Verfahren soll auch auf die häufigen Verlängerungsbeschlüsse angewandt werden, sofern bei dem betreffenden Einsatz keine wesentlichen Änderungen vorgesehen sind.“[54]

Auf der Basis dieser Vorschläge haben sich die Fraktionen von SPD und Bündnis-Grünen nach Pressemitteilung vom 27.11.2003 auf einen gemeinsamen Entwurf geeinigt, dabei allerdings den Inhalt noch pauschaler wiedergegeben:

„Bei Einsätzen von geringer Bedeutung oder bei der bloßen Verlängerung von bereits vom Bundestag gebilligten Einsätzen schafft es mehr Flexibilität und Vereinfachungen im Verfahren. Damit trägt der Entwurf auch den veränderten politischen Rahmenbedingungen Rechnung, unter denen die Bundeswehr heute mehr und mehr zum Einsatz kommt.[55]

Die entschlossene Organisation einer breiten gesellschaftlichen Debatte ist auch hier nicht auszumachen. Wesentliches Motiv dürfte sein, die im Jahre 1994 begründete neue parlamentarische Handlungsform durch Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens für den Arbeitsalltag praktikabler zu machen. [56] Ein Kernpunkt des Entwurfs ist das vereinfachte Verfahren mit Fiktion der parlamentarischen Zustimmung nach Ablauf einer einwöchigen Verschweigensfrist gem. § 4 Abs. 1 S. 4, das nach § 7 Abs. 1 auch für die vermehrten Verlängerungsbeschlüsse anwendbar sein kann, sowie die Zustimmungsfreiheit von vorbereitenden Maßnahmen und Planungen gem. § 2 Abs. 2 S.1, 2 und von humanitären Hilfsleistungen und Hilfsdiensten der Streitkräfte, die nur zur Selbstverteidigung bewaffnet sind, gem. § 2 Abs. 2 S. 3.

Aber: Der Hinweis auf den breiten Konsens der im Bundestag vertretenen Parteien[57] ersetzt nicht die "orientierende Kraft der öffentlichen Debatte."[58] Nur eine tiefgehende öffentliche Diskussion der Eingriffsgründe und eine auf das Ergebnis bauende transparente Regelung sichert die nachhaltige Unterstützung und das Engagement der Bürgerinnen und Bürger in den Streitkräften. Die tatbestandliche Regelung durch Gesetz ist zudem die systemkonforme Rationalisierungsmaßnahme, die ein Parlament von der iterativen Befassung mit Einzelentscheidungen befreit. Das materielle Gesetz ist der in vielen Jahrhunderten herausgearbeitete und praktisch bewährte Standard für den Rechtsstaat.

Die hier vorgeschlagene rechtsstaatlich befriedigende Regelung der Bundeswehraufgaben hindert nicht daran, auch ferner durch Befassung des Bundestages bestimmte Kategorien der Bundeswehreinsätze mit einer zusätzlichen Sicherung zu versehen. Im Gegenteil ist ein Zwei-Schlüssel-Verfahren mit gesetzlich definiertem Handlungsrahmen für die Exekutive und der Beschlussfassung durch Regierung und durch das Parlament für Fallgestaltungen mit besonderer Eingriffstiefe sehr wünschenswert. So herum macht Verfahrensvereinfachung Sinn, nicht jedoch umgekehrt: Die Einzelbefassung des Parlaments kann nicht bereits die gesetzliche Konkretisierung erübrigen, die zum Schutz der Grundrechte der Soldaten und der betroffenen Dritten als einem Einsatz vorausgehende Legitimationsbasis gesellschaftlich diskutiert  und sodann formuliert werden muss.

Uniform ohne Bürger?

Die jahrelange Strategie eines geschmeidigen, scheibchenweisen Umbaus ohne die Bürger kann dazu führen, dass der Bundeswehr die Bürgerinnen und Bürger der politischen Mitte ausgehen. Das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr hatte bereits 1993 einen Trend der Bewerber zum rechten Rand des politischen Spektrums ausgemacht.[59] Das ist sehr schlüssig: Wenn der Auftrag nicht konkret bekannt ist und erklärtermaßen ein Einsatz ohne Grenzen droht, mag Otto Normalverbraucher seine Kinder tendenziell von einem Engagement abhalten; eher Abenteuer-freudige Naturen werden angelockt. Die Zahl der deutschen Kriegsdienstverweigerer steigt kontinuierlich; der Anteil liegt bei derzeit fast 40% des Jahrganges, eine Steigerung auf 50% wird erwartet. Ersatzdienst hat heute keinen gesellschaftlichen Makel mehr gegenüber dem Militärdienst, der frühere ‚Drückeberger’ ist längst zu einem als nützlich akzeptierten verantwortungsbewussten Bürger avanciert. Kriege schlagen heute zwar nicht mehr unmittelbar auf die Verweigererzahlen durch. Die nachhaltige Verdoppelung der Verweigererzahlen 1990/1991 mit einer sprunghaften Zunahme auch der Reservisten-Verweigerungen im Zusammenhang mit dem Kuwait-Krieg blieb die Ausnahme, die sich am 11.9.2001 nicht in gleicher Weise wiederholt hat. Richtig ist wohl, dass eine militärische Option für viele junge Menschen ganz generell keine Handlungsoption mehr ist. Nur trägt dazu eben in besonderer Weise bei, dass das Aufgabengebiet der Bundeswehr für viele Bürger als riskantes Nebel- und Minenfeld erscheint. Und so ist erklärbar, dass die jährliche Zahl der Zivildienstanträge auch von dem bereits hohen Sockel des Jahres 1990 bis heute mehr oder weniger kontinuierlich nochmals um ca. 40.000 angewachsen ist – trotz der Zusicherung an Wehrpflichtige, nur freiwillig zu Auslandseinsätzen heran gezogen zu werden. Der heute wieder verstärkt diskutierte Umbau der Bundeswehr zu einer Berufsarmee wirkt diesem Trend weltanschaulicher Verschiebungen in der Bundeswehr nicht entgegen; er kann ihn weiter verstärken.

Eine weitere Verformung, die mit der eben beschriebenen zusammen hängt, und auf den ersten Blick ein Paradoxon: Die Bürger im Osten äußern sich zwar in aller Regel kritischer zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr als die im Westen.[60] Sie sind aber bei der Rekrutierung überrepräsentiert, teilweise stark. Etwas vereinfacht ausgedrückt: Am Hindukusch verteidigt der Osten den Westen, nicht völlig überzeugt, aber umso tapferer. Z.B. ‚lieferte’ Mecklenburg-Vorpommern bei den Unteroffizieren und Mannschaften im Jahre 2002 ca. 8% der Neueinstellungen, umfasst aber nur 2,1 % der Gesamtbevölkerung. Ganz entgegengesetzt ist Baden-Württemberg mit 4,8 % der eingestellten Landeskinder bei 12,9 % Bevölkerungsanteil. Dies ist wegen des generell höheren Rekrutierungsbeitrages der strukturschwächeren Küstenländer ein besonders akzentuiertes Beispiel. Der Effekt ist aber auch bei bundesweiter Zusammenfassung signifikant. Der Osten trägt ohne Berlin, das sich insgesamt proportional beteiligt, ein Drittel der Neueinstellungen bei, umfasst aber nur ca. ein Sechstel der Bürger[61]. Nach Berechnung des Bundeswehrverbandes kommen seit dem Jahre 1990 sogar ca. 45% der Zeit- und Berufssoldaten aus Ostdeutschland.[62] Dafür ist die strukturelle Arbeitslosigkeit der Neuen Länder wohl zumindest mit verantwortlich und gerade das sollte den Westen tief beschämen.

Rechtsstaat wagen!

Wir brauchen kein Nebelfeld. Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Debatte zu den Aufgaben der Bundeswehr. Nur die offene Diskussion und eine daraus abgeleitete transparente Regelung und eine kalkulierbare Entscheidungsgrundlage sichern nachhaltige Unterstützung und das breite Engagement der Bürgerinnen und Bürger in den Streitkräften. Und gerade darum geht es: Konsens der Bürger darüber herstellen, was dieses Land tun kann, was es besser unterlassen und was es auf keinen Fall anpacken sollte.[63] Der Verfasser hat einen Aufschlag gemacht und als Diskussionsgrundlage ein Streitkräfte-Aufgaben-Gesetz entworfen. Es sieht abschließende Eingriffsgründe vor[64]: Völkermord und schwere Menschenrechtsverletzungen unter den Umständen der Artt. 6 u. 7 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes, bewaffnete Angriffshandlungen nach Feststellung der Vereinten Nationen gem. Art. 39 der VN-Charta sowie unter engen Voraussetzungen die Evakuierung aus einer lebensbedrohlichen Lage im Ausland. Zur Verbesserung der Transparenz und der demokratischen Rückkoppelung schlägt der Entwurf ferner die öffentliche Bewertung von Einsatzplanungen durch eine unabhängige Kommission vor.

Außen- und Sicherheitspolitik: Mehr vom Gleichen?

Unverzichtbarer Teil des öffentlichen Diskurses ist auch, die Welt-ordnenden Denkmuster der Neunziger Jahre auf Nutzen und Kosten zu prüfen. Anfangs herrschte ein fast heiterer Optimismus: Die Zivilisationen der Welt würden bald in einem ganz natürlichen Prozess auf das westlich-liberale Demokratiemodell einschwenken. Mit Ende der Blockkonfrontation schien dies gleichzeitig eine ambitionierte Welt-Innen- oder Welt-Ordnungspolitik mit deutlichen militärischen Anteilen und der faktischen Einschränkung staatlicher Souveränität zu rechtfertigen – eine Art Erziehungsmodell für die, die noch nicht soweit waren oder die auf Abwegen waren, wie die vom Westen definierten, vom Westen teilweise verursachten failing states, die nach westlichen Maßstäben 'zerrütteten Gemeinschaften'. Fukuyamas ‚Ende der Geschichte’ ist bester Ausdruck dieser Zeit der Erwartung, in die auch das einschlägige Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1994 fiel.

Die Zeiten änderten sich rasch und drastisch. Äußeres Zeichen ist der bestialische 11. September 2001. Nine-eleven ließ Fukuyamas Fortschritts-optimistische Denke zurück treten und wird nun bevorzugt mit Huntingtons Gegenmodell vom ewigen ‚Kampf der Kulturen’ erklärt. Man stellte aber die raumgreifende Außen- und Sicherheitspolitik der Neunziger nicht etwa auf den Prüfstand - etwa zugunsten kooperativer Politikmodelle und Abbau von Dominanzverhalten, erlebter Ungleichheit und bitter empfundener Ungerechtigkeit. Im Gegenteil empfahl sich in einer im Westen Angst-geladenen Atmosphäre das Militär erneut, nun für einen globalen Kampf gegen den Terrorismus. Diesen Kampf will der amerikanische Präsident unbeirrt bis zu einem totalen Sieg ausfechten. Er bedient damit sicher auch Ziele und Interessen seiner Fundamental-Feinde. Diese wissen: Die konventionelle Antwort des Westens trifft am wenigsten wahrscheinlich ihre irregulären Kämpfer - sicher aber die Bürger ihrer Sphäre - und verspricht damit eine wachsende argumentative, persönliche und materielle Unterstützung des Terrorismus.

Wir müssen uns fragen: Hat nicht die ambitionierte Außen- und Sicherheitspolitik und ein kultureller Weltvertretungsanspruch des Westens aggressivste Reaktionen wie den 11. September gefördert? Produziert der freie Westen unbedacht – oder aus partikulären Interessen – Gewaltzyklen, bei denen sich seine Gegner die Türe, manchmal auch die Waffen in die Hand geben: Faschismus, Kommunismus und nun Islamismus? Mit Führern, die zu häufig Geschöpfe des Westens sind? Diese Zyklen dürften am ehesten durch eine uneigennützige, die Mündigkeit und Souveränität stärkende Strategie und durch eine faire Welthandelspolitik zu durchbrechen sein, nicht aber durch selbsternannte, auf globalen Einsatz optimierte und gerüstete Weltpolizisten.

Wir sollten uns auch sehr nüchtern vor Augen halten: Die militärische Mission im Irak ist zwar in wesentlichen Kriegszielen – militärische, politische und wirtschaftliche Umgestaltung und Stabilisierung des Nahen Ostens; Entschärfung des Palästina-Konflikts; Bekämpfung des internationalen Terrorismus – gescheitert. Sie ist heute in tragenden Begründungen – Bedrohung des Westens mit irakischen Massenvernichtungswaffen; irakische Unterstützung von Terrornetzwerken oder gar Mitwirkung an den Anschlägen vom 11.9.2001 – sogar aus Sicht der Eingreifenden widerlegt. Und die Mission ist in der Ausführung und ihren langfristigen Konsequenzen – Einsatz von Napalm-Derivaten, uranhaltiger Munition und von cluster-bombs; völkerrechtswidrige Gewalt und Folter gegen Zivilisten und Soldaten; Zunahme des lokalen und weltweiten terroristischen Unterstützungspotenzials – höchst angreifbar und voraussichtlich schadenstiftend.

Aber die Mission stand mit dem weltordnenden Anspruch der neuen westlichen Militärpolitik durchaus im Einklang, gesellschaftlich relevante Gruppen in diesem Lande hatten die entschlossene Unterstützung des Einsatzes der Koalitionstruppen über eine lange Phase verlangt und die zum Glück negative Entscheidung über die deutsche Beteiligung lag bei realistischer Betrachtung im Ermessen einer kleinen Gruppe. Die Entscheidung stützte sich nicht auf eine eindeutige Regelung oder Praxis deutschen Rechts, sondern auf pragmatische, nach einigen Vermutungen auch auf eigennützige Erwägungen. Es ist schwer zu bezweifeln: Die Entscheidung über ein deutsches militärisches Engagement im Irak hätte bei nur leicht verändertem Sachverhalt, zu anderen Zeiten oder mit anderen Akteuren mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für einen Einsatz deutscher Truppen ausfallen können. Dafür müssen wir demokratisch und rechtsstaatlich vorsorgen.

Das muss in Deutschland ganz offen diskutiert werden. In dieser lebenswichtigen Debatte müssen die Kirchen, die Gewerkschaften und Verbände, die Medien, die Jugendorganisationen aktiv Meinung und Position entwickeln – und auch die Soldatinnen und Soldaten der gesamten Republik.


Zusammenfassung und Folgerungen

1.      Bis heute sind die erweiterten Aufgaben der Bundeswehr nicht rechtlich nutzbar definiert. Bis zum Beginn der Neunziger Jahre war die Aufgabe auf Verteidigung gegen einen gegenwärtigen militärischen Angriff auf Deutschland oder einen Verbündeten begrenzt. Dies ist in der gegenwärtigen Praxis durch den potentiell globalen Einsatz von Machtmitteln zu Bekämpfung und Vorbeugung von Krisen und Konflikten ersetzt, bei einem nun umfassenden, über militärische Bedrohungen hinaus reichenden Sicherheitsverständnis. Mag das Verlassen der langjährigen restriktiven Position gerechtfertigt sein, so wäre das andere Extrem - ein weitestgehendes Handlungsermessen der Exekutive unter Verzicht auf rechtlich relevante Eingriffskriterien - rechtsstaatlich und auch sicherheitspolitisch fragwürdig.

2.      Über mehrere Jahre sind zur Organisation und Ausrüstung der Bundeswehr weitreichende Entscheidungen getroffen worden. Eine breite gesellschaftliche Debatte zu den konkreten Zielen der neuen Sicherheitspolitik, zu ihren Chancen und Risiken für die Bürgerinnen und Bürger ist jedoch noch nicht organisiert worden.

3.      Es besteht ein ungelöster Wertungswiderspruch zwischen der Behandlung des Einsatzes staatlicher Machtmittel im Inland und im Ausland: Im Inland kann ein Eingriff nur auf vorangehend festgelegte präzise Eingriffsgrundlagen etwa in den Landespolizeigesetzen gestützt werden, niemals aber auf Einzelfall-Ermächtigung durch ein Parlament. Bei einem Auslandseinsatz, der nach Zahl der Beteiligten und Betroffenen, nach Dauer, Bewaffnung und Eingriffsintensität um Größenordnungen über einen Polizeieinsatz hinausgeht, ist der Exekutive ein breiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Erforderlich ist nach derzeitiger Praxis nur der jeweilige konstitutive Einzelfallbeschluss des Bundestages.

4.      Mangels juristischer Definition der Eingriffsgrundlage scheidet eine juristische Kontrolle weitestgehend aus, damit auch eine Missbrauchskontrolle. Das Bundesverfassungsgericht konnte überdies auch in den jeweils geprüften internationalen Verträgen keine verbindliche Festlegung der neuen Aufgaben der Bundeswehr erkennen. Auch insoweit fehlt damit ein zur Differenzierung von Fallgestaltungen ausreichend konkreter Rechtsstoff.

5.      Die Trias der nationalen Gewaltenteilung ist damit de facto reduziert auf Handeln und Entscheidungsmacht der Exekutive. Eine normative Einhegung durch die Legislative und die Möglichkeit einer fallweisen Differenzierung durch die Judikative sind nicht festzustellen. Eine materielle Regelung ist auch nicht Ziel des derzeit diskutierten Entwurfs für ein Parlamentsbeteiligungsgesetz. Ein wesentlicher Einflussfaktor des Handelns im Bereich der Außen- und Militärpolitik ist die überwiegend informelle Meinungsbildung im Rahmen von Bündnisgremien, in denen wiederum vorwiegend die nationalen Exekutiven repräsentiert sind.

6.      Diese Praxis wird nicht gerechtfertigt durch die außenpolitische Prärogative der Bundesregierung. Die Prärogative bezieht sich auf die Formulierung und Ausgestaltung der Außenpolitik und auf das unmittelbare exekutive Handeln. Der normative Rahmen dieses Handelns bleibt unter einer rechtsstaatlichen Verfassung der Legislative vorbehalten, um jede Umgehung bürgerschützender Garantien zu vermeiden. Die Legislative hat wie in jedem anderen Fall der möglichen Grundrechts-Beeinträchtigung abstrakte und generelle Regeln zu formulieren, und zwar nach gesellschaftlichem Diskurs und unter transparenter Abwägung der beteiligten und betroffenen Interessen und Werte. Die derzeitige Praxis von Einzelfallbeschlüssen kann weder den demokratischen Prozess noch die Definition eines normativen Handlungsrahmens substituieren. Selbst wenn man der Exekutive für die Zeit unmittelbar nach dem sicherheitspolitischen Umbruch zu Beginn der Neunziger Jahre eine Phase der Neuorientierung und Konzeptbildung zubilligen will, ist diese Frist nach mehr als drei Legislaturperioden und einer intensiven Einsatz-Praxis heute verstrichen.

7.      Damit ist die differenzierungsfähige Regelung der Aufgaben der Bundeswehr rechtsstaatlich geboten. Sie schafft zudem einen demokratischen Mehrwert und fördert die Unterstützung der Aufgaben und konkreten Einsätze der Bundeswehr durch die Bürgerinnen und Bürger und die gesellschaftliche Repräsentanz innerhalb der Bundeswehr.

Die materielle Regelung der Bundeswehraufgaben hindert nicht daran, weiterhin bestimmte Kategorien von Bundeswehreinsätzen durch Befassung des Bundestages mit einer zusätzlichen Sicherung zu versehen. Ein 'Zwei-Schlüssel-Verfahren' mit Beschlussfassung durch Regierung und Parlament ist für Fallgestaltungen mit besonderer Eingriffstiefe sehr wünschenswert.
Es erübrigt aber nicht die gesetzliche Regelung nach den Anforderungen des Eingriffsvorbehalts.


Nützliche Materialien und Wege dahin:

o        Bericht ‚Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr’ v. 21.5.2000
(Bericht der Weizsäcker-Kommission)
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,1663,00.pdf
(vollständiger Bericht); http://www.bundesregierung.de/Anlage250889/Zusammenfassung%2c+deutsch.pdf (Zusammenfassung)

o        Verteidigungspolitische Richtlinien v. 21.5.2003 www.bundeswehr.de/service/broschueren/broschueren.php

o        Ankündigung der Grundlinien eines Parlamentsbeteiligungsgesetzes durch Gernot Erler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD am 27.11.2003: www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,28067,00.pdf

o        Entwurf der Koalitionsfraktionen für ein Parlamentsbeteiligungsgesetz v. 23.3.2004
(Drs. 15/2742); Pressemeldung des Bundestages v. 26.3.2004

o        Bundesverfassungsgericht v. 22.11.2001 – 2 BvE 6/99 – (NATO/PDS-Urteil)
Elektron. Entscheidungsregister auf www.bverfg.de

o        Bundesverfassungsgericht v. 24.9.2003 – 2 BvR 1436/02 – (Kopftuchurteil)
Elektron. Entscheidungsregister auf www.bverfg.de

o        Material zum Internationalen Strafgerichtshof, u.a. Römisches Statut (deutsch)
www.auswaertiges-amt.de/www/de/aussenpolitik/vn/istgh/index_html

o        Charta der Vereinten Nationen (deutsch)
www.uno.de/charta/charta.htm

o        eigener Entwurf für ein Streitkräfte-Aufgaben-Gesetz
www.vo2s.de/SAG.htm (html); www.vo2s.de/Sag.doc (word)

o        dieser Text
www.vo2s.de/sag_auf.htm (html); www.vo2s.de/sag_auf.doc (word)

o        homepage des Verfassers www.vo2s.de

 

Karl Ulrich Voss


Fuß-/Endnoten



[1] n-tv - Interview mit v. 10.9.1993; Kinkels Aussage bezog sich auf die damals erregt diskutierten Blauhelm-Einsätze

[2] siehe Rolf Clement, Die neue Bundeswehr als Instrument deutscher Außenpolitik, Aus Politik und Zeitgeschichte 11/2004, S. 40-47, 40f, 42; Clement weist auf den behutsamen, schleichenden Übergang hin, der 'der breiten Bevölkerung noch nicht bewusst zu sein scheint'.

[3] SWF-Interview am 27.12.1994

[4] Plenardebatte v. 19.1.2001, zitiert nach Das Parlament v. 26.1.2001, S. 13

[5] zitiert nach Das Parlament 12/13 2004, S. 1, 19

[6] DLF-Interview v. 9.8.1993

[7] Bericht ‚Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr’ v. 21.5.2000
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,1663,00.pdf (Bericht); http://www.bundesregierung.de/Anlage250889/Zusammenfassung%2c+deutsch.pdf (Zusammenfassung)

[8] Nr. 17, 20 - 22 zu Risiken/Interessen; zum Auftrag: Nr. 63, der aus den Verteidigungspolitischen Richtlinien 1992 zitiert

[9] Nr. 63 des Berichts der Weizsäcker-Kommission; Verteidigungspolitische Richtlinien v. 26.11.1992; vgl. dort Nr. 44 zum Auftrag, Nr. 8 zu den vitalen deutschen Sicherheitsinteressen

[10] s. Nr. 80 der Richtlinien u Nr. 9 des Erläuternden Begleittextes

[11] Nrn. 5, 6, 10, 15, 23, 25, 39, 44, 47, 55, 73, 78, 82, 84 der Richtlinien; Krisenvorbeugung und Konfliktbewältigung sind bereits in den 'Eckwerten für die konzeptionelle und planerische Weiterentwicklung der Streitkräfte' des Generalinspekteurs der Bundeswehr v. 23.5.2000 als Aufgaben mit der höchsten Eintrittswahrscheinlichkeit, gleichwohl geringster Auswirkung auf die Sicherheit Deutschlands und seiner Bürger bewertet, vgl. Eckwerte Nr. 2.3 (Aufgaben im internationalen Rahmen) u. 2.4 (Gewichtung der Aufgaben)

[12] Nrn. 5, 57

[13] Nrn. 18-21, 25, 75, 78-80, 93

[14] Nr. 27; entsprechend bereits Verteidigungspolitische Richtlinien v. 26.11.1992, Nr. 8 Zf. 8 u. Bericht der Weizsäcker-Kommission Nr. 21

[15] Nr. 7 der Verteidigungspolitischen Richtlinien

[16] Kant bezieht sich auf die republikanische Verfassung, die er wegen effektiver Gewaltenteilung zwischen Regierung und Gesetzgebung hervorhebt

[17] Immanuel Kant, Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf, Königsberg 1795 (faksimilierter Nachdruck 1984), 2. Abschnitt, 1. Definitivartikel, S. 23 f

[18] "Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip der allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.", Kritik der praktischen Vernunft, 1. Teil, 1. Buch, 1. Hauptstück

[19] siehe Kant, Zum ewigen Frieden a.a.O., S. 21, Fußnote: "Freiheit ist ... die Befugnis, keinen äußeren Gesetzen zu gehorchen, als zu denen ich habe meine Beistimmung habe geben können."

[20] Karl Feldmeyer, F.A.Z v. 11.6.2003, S. 1; Feldmeyer fordert nach dem folgenschweren Anschlag in Kabul mit seinem Kommentar 'Verbindlicher Maßstab' eine klare inhaltliche Legitimation für Auslandeinsätze

[21] Herbert Wulf, Demokratische Kontrolle der Streitkräfte bei militärischen Interventionen: Eine Herausforderung für Global Governance in: Globale Politik, Festschrift für Franz Nuscheler, herausgegeben von Thomas Fues und Jochen Hippler, Bonn 2003, S. 256, 273; Volker Rittberger, Klare Regeln für Auslandseinsätze, Schwäbisches Tagblatt 9.3.2004; Text hier

[22] Wilhelm von Sternburg, Welke Schönheit: Ist die Demokratie müde geworden? Universitas 2003, S. 955, 956

[23] Ingomar Hauchler, Dirk Messner, Franz Nuscheler (Hrsg.) Globale Trends 2004/2005, Frankfurt 2003, S. 33

[24] Tätigkeitsbericht S. 11: "Abgesehen davon wird es Zeit, dass Bundesregierung und Bundestag über die Tagesaktualität hinaus darüber nachdenken, welchen Zielen und Zwecken die Armee dienen und welche Aufgaben sie erfüllen soll. Der richtige Platz für solche Festlegungen sind nicht mit einem hohen Grad von Unverbindlichkeit ausgestattete bunte Fibeln unseres Ressorts, sondern ein Bundeswehraufgabengesetz, das uns Gespensterdebatten über den Einsatz nicht vorhandener Kräfte zum Objektschutz im Innneren künftig erspart."

[25] Interview im Deutschland-Radio Berlin v. 14.11.2003

[26] Rolf Clement, aaO, S. 40

[27] Jochen Thies, Die neue Unsicherheit nach dem Irak-Krieg, Aus Politik und Zeitgeschichte (Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament), 32/2003, S. 3, 5; Rolf Clement, aaO, S. 42, 46; siehe auch Volker Rittberger, aaO, Text hier

[28] Pressebericht zur Frühjahrstagung der Deutschen Bischofskonferenz v. 1.-4.3.2004, darin wird die "dringend notwendige öffentliche Diskussion über die Grundfragen der Friedens- und Sicherheitspolitik" angemahnt

[29] Entsch. d. Bundesverfassungsgerichts v. 12.7.1994, BVerfGE 90, S. 286, 389

[30] BVerfGE 90, S. 286, 390 - 394 zum Antrag der FDP

[31] Entsch. d. Bundesverfassungsgerichts v. 21.12.1977; BVerfGE 47, S. 46. 79ff

[32] Entsch. d. Bundesverfassungsgerichts v. 25.3.1992; BVerfGE 85, S. 386, 403f

[33] Entsch. d. Bundesverfassungsgerichts v. 8.4.1997; BVerfGE 95, S. 267, 307f

[34] Entsch. d. Bundesverfassungsgerichts v. 24.9.2003 - 2 BvR 1436/02; Netzversion

[35] Entsch. d. Verfassungsgerichtshofes NRW v. 9.2.1999, NJW 1999, S. 1243, 1244

[36] BVerfGE 85, S. 386, 403f (Erfassung von Fernsprechdaten); BVerfGE 47, S. 46, 79ff (schulische Sexualerziehung); BVerfGE 95, S. 267, 307f (Regelung von LPG-Altschulden); BVerfG 24.9.2003, Netzversion Rdnr. 67 - 69 (Kopftuchverbot)

[37] NJW 1999, S. 1243, 1244 (Unzulässigkeit der Zusammenlegung von Innen- und Justizministerium)

[38] Plenarprotokoll 13/224 zur Sitzung v. 26.3.1998, 20551/D

[39] BVerfGE 90, S. 286 (Leitsatz 1), 345

[40] BVerfGE 90, S. 359 - 372, Position der Richter Klein, Graßhof, Kirchhof und Winter

[41] BVerfGE 90, S. 372 - 375, Position der Richterin Limbach und der Richter Böckenförde, Kruis und Sommer

[42] BVerfGE 90, S. 389

[43] BVerfGE 90, S. 286 (Leitsatz 3b), 389

[44] Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts v. 22.11.2001 - 2 BvE 6/99 -, Netzversion

[45] Rdnrn. 139 - 144 (Netzversion)

[46] Rdnr. 145 (Netzversion)

[47] Rdnr. 150 (Netzversion)

[48] abgedruckt in Dau/Wöhrmann (Hrsg.), Der Auslandseinsatz deutscher Streitkräfte. Eine Dokumentation des AWACS-, des Somalia- und des Adria-Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, 1996, S. 859 (MdB Wiezcorek-Zeul: „Mein Verständnis als Abgeordnete ist, dass es nichts Höheres gibt als den Schutz von Menschen. Und über diese Frage möchte ich als Abgeordnete entscheiden können.“), S. 872 (Verfassungsrichter Kruis: „Wäre nicht ein grundrechtlicher Ansatz möglich, wie ihn eben Frau Wieczorek angedeutet hat. Wir haben jetzt für Soldaten nur diese Pflicht des § 7 des Soldatengesetzes, das deutsche Volk tapfer zu verteidigen. Ist das vom Grundrechtlichen her ausreichend, wenn es darum geht, andere Leute zu erschießen oder selbst erschossen zu werden? (…) Vom Grundrechtlichen her könnte man sagen, dass [das Gesetz] nicht genügt und es einer Konkretisierung der Pflicht durch eine [generell-abstrakte Regelung] eine zusätzliche parlamentarische Entschließung im Einzelfall bedarf.“).

[49] Tätigkeitsbericht des Bundesvorstandes des Bundeswehrverbandes v. 22.10.2001, S. 11 (s.o. bei und in Fn. 24)

[50] vgl. Christian Lutze, Der Parlamentsvorbehalt beim Einsatz bewaffneter Streitkräfte, DÖV 2003, S. 972

[51] 17 Abstimmungen allein in der 14. Legislaturperiode, vgl. MdB Ulrike Merten in der Plenarsitzung v. 14.11.2002 zur Begründung des FDP-Antrags bzgl. Mitwirkung des Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr

[52] Drucksache 15/2742 v. 23.3.2004; Pressemeldung des Bundestages v. 26.3.2004

[53] gem. § 1 Abs. 1 S. 1 sollen nur Form und Ausmaß der Beteiligung des Bundestages geregelt werden; nach der Begründung zu § 1 "gilt für das materielle Recht, dass Einsätze bewaffneter deutscher Streitkräfte nach wie vor ausschließlich auf der Grundlage des Verfassungsrechts und des Völkerrechts stattfinden dürfen.". Siehe auch Begründung I. Allgemeiner Teil B. Abs. 1 im gleichen Sinne. Mittelbar ist dem Entwurf zu entnehmen, dass zu den zulässigen materiellen Eingriffsgründen jedenfalls die Rettung v. Menschen aus Gefahrenlagen (§ 5 Abs. 1 S. 2), humanitäre Hilfsdienste und Hilfsleistungen (§ 2 Abs. 2 S. 2) wie z.B. der Aufbau eines mobilen Krankenhauses (Begründung I. B.), Erkundungsaufgaben (§ 4 Abs. 3, 1. Alternative) gehören sollen und die Wahrung der Menschenrechte jedenfalls zu den möglichen Motiven (Begründung I. A., Abs. 1 am Ende).

[54] Pressemitteilung der SPD-Fraktion v. 20.10.2003

[55] Pressemitteilung SPD-Fraktion v. 27.11.2003

[56] Der Gesetzentwurf weist im Vorblatt auf die ca. 50 Einsatzentscheidungen seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht i.J. 1994 hin, der allgemeine Teil der Begründung unter A. mehrfach auf die Vielzahl der "in der Regel von einer breiten Mehrheit getragenen Entscheidungen". Zum vereinfachten Zustimmungsverfahren betont die Begründung zu § 4, das Plenum solle sich nur mit inhaltlich bedeutenden oder politisch umstrittenen Entscheidungen befassen; so werde der Bedeutung der Plenardebatten Rechnung getragen.

[57] Der Gesetzentwurf spricht im allgemeinen Teil der Begründung unter A. von der Vielzahl der "in der Regel von einer breiten Mehrheit getragenen Entscheidungen". Diese hätten auch "überdeutlich gemacht", dass "es die gemeinsame Überzeugung der im Bundestag vertretenen Parteien ist, die internationalen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland im Interesse des Friedens und der Wahrung der Menschenrechte zu erfüllen."

[58] vgl. Jutta Limbach, Demokratie: Elitenkartell oder Bürgerprojekt, Universitas 2004, S. 1231-1242, 1232, die Autorin tritt für neue Wege der Vermittlung von Vorstellungen und Bedürfnisse der Bürger ein

[59] SOWI-Arbeitspapier Nr. 77, März 1993

[60] vgl. Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach vom November 2002 'Aufgaben und Zukunft der Bundeswehr', die auf 'auffallende Unterschiede zwischen den alten und den neuen Ländern' hinweist. 'Die ostdeutsche Bevölkerung weist der Bundeswehr ein wesentlich engeres Aufgabenspektrum zu als die westdeutsche.' Beispiele: Unterstützung West/Ost für Einsatz friedenssichernder Truppen 55% / 40%; für Beistand für angegriffene NATO-Partner 56% / 37%; für Teilnahme von NATO-Einsätzen in Krisengebieten: 45% / 23%; vgl. auch Heiko Biehl, Thomas Bulmahn, Nina Leonhard, Die Armee der Einheit: Eine ambivalente Bilanz, in: Gerhard Kümmel u. Sabine Collmer (Hrsg.), Soldat-Militär-Politik-Gesellschaft. Facetten militärbezogener sozialwisenschaftlicher Forschung, Liber amicorum für Paul Klein, Baden Baden 2003; S. 199 - 228, 206, 214 unter Hinweis darauf, dass in Westdeutschland mehr als ein Viertel der Bevölkerung der Bundeswehr positiv gegenüber steht - aber lediglich ein Achtel der ostdeutschen Bürger - und die Bürger in Ost und West für die Bundeswehr deutlich verschiedene Einsatzkonzeptionen befürworten

[61] Zahlen 2002, alle militärischen Laufbahnen

[62] Interview des Kölner Stadtanzeigers mit dem BwV-Vorsitzenden Oberst Bernhard Gertz im KStAnz v. 17./18.1.2004, S. 6

[63] Thies, aaO, S. 5

[64] siehe auch Volker Rittberger aaO, Text hier